Die polnische Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde (UOKiK) hat ein Verfahren gegen große Namen im Online-Handel und in der Logistikbranche eingeleitet. Der Vorwurf: Greenwashing, also die Irreführung von Verbrauchern mit falschen oder unbewiesenen Umweltaussagen. Betroffen sind die E-Commerce-Plattform Allegro sowie die Lieferdienste DHL, DPD und InPost. Ihnen drohen Strafen in Millionenhöhe..
Was genau ist „Greenwashing“?
Der Begriff „Greenwashing“, im Polnischen auch als „ekościema“ (Öko-Schwindel) oder „zielone kłamstwo“ (grüne Lüge) bezeichnet, beschreibt Marketing- und PR-Methoden, die einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image verleihen sollen, ohne dass es dafür eine ausreichende Grundlage gibt.
Für Verbraucher ist dies besonders problematisch, da Begriffe wie „nachhaltig“, „umweltfreundlich“ oder „öko“ rechtlich nicht geschützt sind und oft ohne konkrete Belege verwendet werden.Immer mehr Kunden möchten durch ihre Kaufentscheidungen einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Diesen Trend nutzen Unternehmen für ihre Werbung. Werden dabei jedoch unklare, übertriebene oder gar falsche Aussagen getroffen, kann dies als irreführende Geschäftspraktik gewertet werden. Genau diesen Verdacht hegt die polnische Verbraucherschutzbehörde nun in mehreren prominenten Fällen und hat daher entsprechende Verfahren eingeleitet.
Die konkreten Vorwürfe gegen Allegro, DHL, DPD und InPost
Die Liste der von der UOKiK beanstandeten Praktiken ist detailliert und betrifft einige der größten Akteure auf dem polnischen Markt. Die Behörde wirft den Unternehmen vor, mit unbewiesenen Öko-Aussagen gezielt um die Gunst der Kunden zu werben.
So soll beispielsweise die größte polnische Online-Plattform Allegro eine eigene Umweltmarke beworben haben, ohne klare Kriterien für die Produktauswahl zu nennen.Auch die großen Logistikunternehmen stehen im Fokus. Laut der offiziellen Mitteilung der UOKiK habe DHL mit dem Slogan „GoGreen“ geworben, ohne den Verbrauchern verständlich zu machen, worin der umweltfreundliche Charakter der Dienstleistung konkret besteht.
DPD soll unter anderem Verpackungen als „100% recycelt“ bezeichnet haben, obwohl Teile davon, wie das Klebeband, nicht recycelbar waren. Dem bekannten Anbieter von Paketautomaten, InPost, wird vorgeworfen, die Zustellung an eine Packstation pauschal als „ökologisch“ bezeichnet zu haben, ohne dies nachvollziehbar zu belegen.
Greenwashing: Kein polnisches Phänomen
Die Untersuchung der UOKiK reiht sich in eine europaweite Entwicklung ein. Auch in anderen EU-Ländern gehen Verbraucherschutzorganisationen und Behörden verstärkt gegen irreführende Umweltwerbung vor. Die Europäische Union selbst hat mit der „Green Claims Directive“ strengere Regeln auf den Weg gebracht, um sicherzustellen, dass Umweltaussagen von Unternehmen klar, verständlich und wissenschaftlich belegt sein müssen.
Fehlende Transparenz und unklare Begriffe
Ein zentraler Kritikpunkt der Behörde ist die mangelnde Transparenz. Die verwendeten Begriffe seien oft zu allgemein und für den Durchschnittsverbraucher nicht überprüfbar. Wenn ein Unternehmen beispielsweise damit wirbt, seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, müsse klar sein, worauf sich diese Reduktion bezieht – auf das gesamte Unternehmen, eine einzelne Dienstleistung oder nur einen Teilaspekt?
Ohne diese Informationen könne der Verbraucher keine informierte Entscheidung treffen.Die UOKiK kritisiert zudem die Verwendung von Symbolen, die Umweltfreundlichkeit suggerieren, wie etwa grüne Blätter oder stilisierte Bäume. Solche Bilder würden eine positive ökologische Botschaft vermitteln, die jedoch oft nicht durch Fakten untermauert sei. Diese visuellen Reize können ebenso irreführend sein wie unklare Werbeslogans und entziehen sich einer einfachen Überprüfung durch den Kunden. Die Behörde fordert daher mehr Klarheit und nachprüfbare Fakten anstelle von vagen Werbebotschaften.
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Welche Konsequenzen drohen den Unternehmen?
Die Einleitung eines solchen Verfahrens ist für die betroffenen Unternehmen bereits ein Reputationsrisiko. Sollte die UOKiK die Vorwürfe bestätigen und die Praktiken als irreführend einstufen, drohen empfindliche finanzielle Strafen. Das Gesetz erlaubt der Behörde, für jede einzelne festgestellte Zuwiderhandlung eine Strafe von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes des Unternehmens zu verhängen.
Unabhängig vom Ausgang der einzelnen Verfahren sendet die Untersuchung ein starkes Signal an die gesamte Branche. Unternehmen werden angehalten, ihre Marketingstrategien zu überprüfen und sicherzustellen, dass ökologische Werbeaussagen auf einer soliden und nachweisbaren Grundlage stehen. Für die Verbraucher in Polen ist dies ein Schritt hin zu mehr Transparenz im „grünen“ Markt.